Mit Pacing zum Rapport
Die Kunst guter Kommunikation
Auf einer Wellenlänge sein
Kennen Sie das? Sie treffen auf eine wildfremde Person und ohne ersichtlichen Grund spüren Sie ein vertrautes Verhältnis. Sie denken:
„Diese Person versteht mich.“
„Diese Person ist auf meiner Wellenlänge.“
„Diese Person ist mir sympathisch.“
An was mag das liegen?
Und was tun, wenn ich mir die Person nicht aussuchen kann, die Person vielleicht etwas „schwierig“ ist und die Situation trotzdem gute Kommunikation erfordert?
Gegenseitiges Vertrauen und Verständnis
Gute Kommunikation ist gerade in herausfordernden Situationen, wie z.B. bei Kundenreklamationen, Verhandlungen, Konfliktlösungen oder schwierigen Mitarbeitergesprächen besonders wichtig.
Sicherlich fallen Ihnen noch weitere Situationen ein, bei denen Sie eine gute Beziehung zum Gesprächspartner aufbauen möchten; eine Beziehung von gegenseitigem Vertrauen und Verständnis.
Dabei sind die Worte, die Sie sagen, wichtig. Aber die Worte allein reichen nicht aus, um diese vertiefte Beziehung aufzubauen.
Es kommt im Gespräch neben dem WAS (Inhaltsaspekt) gesagt wird, auch darauf an WIE (Beziehungsaspekt) es gesagt wird, also mit welcher Mimik, Gestik, Tonfall, etc. Eine gute emotionale Beziehung zwischen den Gesprächspartner ist ausschlaggebend für eine gute Kommunikation. Wir erinnern uns an Watzlawick (Axiom 2) 😊.
Vertrauen durch Gemeinsamkeiten
Menschen mögen Menschen, die uns ähnlich sind. In der Evolutions-Geschichte war das vorteilhaft. Die Gleichartigkeit innerhalb eines Stammes bedeutete damals Sicherheit, während alles Andersartige eine potenzielle Gefahr darstellte. Auf dieser Instinktebene reagieren wir auch heute noch mit Vertrauen auf Gleichartiges und Misstrauen auf Andersartiges. Gemeinsamkeiten schaffen also Vertrauen.
Gemeinsamkeiten machen letztlich auch sympathisch. Das nehme ich hier wörtlich. Sym-pathisch bedeutet: Gleich-Gemeinsam.
Eine wissenschaftliche Studie mit Studenten an der Havard Business School hatte folgenden Ablauf:
Eine Gruppe von Studenten wurde in zwei kleinere Gruppen aufgeteilt.
Die Studenten der Gruppe 1 wurden beauftragt eine Verhandlung zu führen. Dieser Gruppe wurde erklärt, dass Zeit Geld ist und sie sich daher ausschließlich auf die Verhandlung konzentrieren sollten. Es wurde das Ziel ausgegeben, über das Geschäft zu sprechen und den Deal möglichst schnell abzuschließen.
Den Studenten der Gruppe 2 wurde gesagt, dass sie zunächst Informationen austauschen sollten, um Gemeinsamkeiten mit ihrem Gesprächspartner zu finden. Erst danach sollten sie die Verhandlung beginnen.
Das Ergebnis: Gruppe 2 schloss deutlich besser ab!
Pacing - Rapport - Leading
Dieser Blogbeitrag beschreibt, wie man auch in schwierigen, kontroversen und herausfordernden Situationen gute Kommunikation erreichen kann.
Zunächst beschreibe ich den Rapport [ʁapɔʁ] als „Glocke des Vertrauens“. Dieser Zustand ist über das Pacing erreichbar. Auf Basis eines stabilen Rapports lässt sich dann eine effektive Gesprächsführung (Leading) anschließen.
Rapport: Die Glocke des Vertrauens
Die Zutaten des perfekten Gesprächs
Denken Sie doch mal an ein Liebespaar im Café! Die Beiden sind ganz in ihrer Welt. Der Kellner, der nach einem weiteren Getränk fragt, ist da eher störend und wird schnell abgewimmelt.
Oder Sie denken an ein Verkaufsgespräch! Eines bei dem Sie sich gut abgeholt gefühlt haben, so richtig verstanden und letztlich gut beraten.
Was haben gute Gespräche gemein? Was sind die Zutaten?
Wirkliches Interesse für den Anderen
Ein authentisches Interesse am Gesprächspartner ist eine ganz wichtige Zutat. Man taucht in die Lebenswelt des Anderen ein. Man versucht den Anderen so gut wie möglich zu verstehen.
Authentisch bleiben
Es geht also nicht um den „Wackel-Dackel“, der bei jeder Äußerung des Gegenübers brav und heftig mit dem Kopf wackelt, um damit Interesse zu bekunden. Nein, es geht um wirkliches Interesse für den Anderen.
Die Aufmerksamkeit liegt beim Gegenüber
Eine ungeteilte Aufmerksamkeit lässt zu, dass man allmählich auf gleiche Wellenlänge kommt. Der Gesprächspartner spürt mehr und mehr, dass man ihn versteht. Man ist im guten Kontakt. Das Umfeld um einen herum wird ausgeblendet. Man ist unter so einer Art Glocke.
Im anfänglichen Beispiel des Liebespaares lässt sich die unsichtbare Rapport-Glocke eventuell auch für den Betrachter von außen erahnen.
Verantwortung im Coaching-Prozess: Die Rolle als Coach
Der Rapport stellt ein gewünschter Zustand dar, bei denen zwischen den Gesprächspartnern ein Vertrauensverhältnis besteht. Im Coaching-Prozess ist es die Aufgabe des Coaches diesen Zustand bestmöglich zu erstellen. Der Coach als Prozessverantwortlicher ist dafür verantwortlich.
Pacing: Der Schlüssel zum Rapport
Pacing erklärt - Mehr als Nachahmung
Eine anfängliche Definition für Pacing
Pacing bedeutet, das eigene Ausdrucksverhalten an das Ausdrucksverhalten des Gesprächspartners anzugleichen. Denn Vertrautes schafft Vertrauen. Und mit Vertrauen lässt sich schneller einen tieferen und harmonischen Kontakt zum Gesprächspartner – also letztlich einen Rapport – aufbauen.
Es geht also darum sich anzugleichen.
Ein Angleichen ist angeboren
Das Angleichen an Ausdrucksverhalten Anderer ist an sich eine natürliche Fähigkeit, die jeder Mensch in mehr oder weniger ausgeprägter Form, beherrscht. In guten, harmonischen Gesprächen zwischen Personen, die sich sympathisch sind, findet diese Angleichung ganz automatisch und unbewusst statt. Letztlich ist das ein Verhalten, das wir schon im Babyalter erlernt haben.
Und im Kindesalter ist das eine gute Lernstrategie. Kinder adaptieren Verhalten – ganz automatisch und unbewusst.
Es ist also ein Automatismus: Wenn ich jemanden mag, gleiche ich mich ihm an. Und je mehr man sich mag, desto ausgeprägter ist dieser Angleich.
Pacing ist bewusstes Angleichen
Pacing ist hier als ein bewusstes Anpassen zu verstehen. Wir erstellen dabei also nicht dumpfe Spiegelbilder (das wäre affig). Vielmehr geht es darum professionell zu agieren und mich bewusst dem anderen anzupassen und in seine Welt einzutauchen.
Man möchte verstehen, was mein Gegenüber sagt, denkt und fühlt. Man könnte auch sagen: Es geht um Interaktionskompetenz.
Und Profis können Pacing auch in herausfordernden Situationen und mit schwierigen (unsympathischen) Menschen. Dann gilt es dem Menschen eine zweite Chance zu geben und sich auf das Weltbild des Gegenübers einzulassen.
Und wie bereits skizziert, muss das Mindset stimmen.
- Wirkliches Interesse für den Anderen
- Authentisch bleiben
- Die Aufmerksamkeit liegt beim Gegenüber
Daran erkennt man, ob jemand nur technisch geschult ist oder das entsprechende Mindset mitbringt!
Und noch eine abschließende Anmerkung: Wenn man gerade seine Ruhe haben möchte und keine Kraft hat, sich auf die andere Person einzulassen, dann sollte man auch kein Pacing betreiben!
Pacing professionell umgesetzt
Es gibt mehrere Dinge, die Sie tun können, um schnell eine Beziehung zu jemandem aufzubauen.
Es gibt hierfür die Abkürzung KESS oder KESSI. Dabei beschreiben die Buchstaben die menschlichen Kommunikationswerkzeuge.
K: Körper
E: Emotion
S: Stimme
S: Sprache
I: Inhalt
Nachfolgend beschreibe ich die Kommunikationswerkzeug detaillierter. Es gilt: Je mehr Ebenen angesprochen werden, desto tiefer wird das Angleichen empfunden.
Körpersprache effektiv nutzen
Ihre Körpersprache ist sehr wichtig für die Kommunikation mit jemandem. Die meisten Menschen sind so sehr auf die Worte konzentriert, die sie sagen wollen. Worte sind wichtig. Aber Ihre Physiologie sagt viel mehr über Ihre Absicht aus als die Worte, die Sie verwenden.
Tatsächlich macht die Körpersprache (also Körperhaltung, Mimik, Gestik, Blinkreflex) etwa 55 % unserer Kommunikation aus. Körpersprache (Bewegung, Gestik, Mimik). Dabei ist unsere natürliche Körpersprache völkerübergreifend.
Unsere Körpersprache können wir nun ganz bewusst steuern.
Sie können eine vergleichbare Körperhaltung einnehmen wie Ihr Gesprächspartner. Wenn die Person zum Beispiel die Arme verschränkt, verschränken Sie auch Ihre Arme, und zwar auf subtile Weise. Tun Sie es nicht gleichzeitig mit der anderen Person. Wenn die Person gerade die Arme verschränkt hat, warten Sie ein paar Sekunden. Sobald Sie zum Beispiel wieder sprechen und die Arme verschränken, wirkt es natürlicher.
Ihr Gesprächspartner drückt sich mit Gesten aus und bewegt seine Hände auf bestimmte Weise? Oder er neigt beim Sprechen seinen Kopf? Auch Ihre Gesten können Sie subtil und in Ihrer Ausprägung z.B. etwas abgeschwächt angleichen.
Mit unseren 43 Gesichtsmuskeln können wir über Tausende von Gesichtsausdrücken erzeugen. Damit kommunizieren wir verschiedene Gefühle, Meinungen oder Ideen. Sie können Ihren Gesprächspartner diesbezüglich also genau beobachten und Ihre Gesichtsausdrücke entsprechend anpassen. Und wiederum gilt: Es geht hier um dezente Anpassungen; und Anpassungen, die für Sie authentisch sind.
Emotionale Resonanz erzeugen
Wie gehe ich damit um, wenn mir mein Gegenüber etwas Belastendes erzählt?
Man nimmt diese Schwere auf, ohne sie zu vertiefen. Man zeigt Mitgefühl / Empathie.
Ich verwende hier gerne folgende Metapher: Ein Mensch befindet sich in einem mehr oder weniger tiefen Loch, ruft um Hilfe, weil er keinen Ausweg aus dem Loch findet. Nun komme ich zu Hilfe, springe aber nicht selbst ins Loch, sondern zeige a) Mitgefühl für die Situation und b) frage, wie ich der Person helfen oder sie unterstützen kann.
Das Angleichen der eigenen Physiologie an die des Gesprächspartners, aktiviert verankerte Gefühlsreaktionen im eigenen Körper, so dass eine Annäherung des eigenen emotionalen Erlebens an die des Gesprächspartners erfolgt. Wir sprechen dann vom Einfühlungsvermögen.
Die Stimme adäquat einsetzen
Zunächst einmal ist da der Tonfall. Hat die Person eine tiefe Stimme oder eher eine hohe Stimmlage? Wenn Sie ein Mann mit einer eher tiefen Stimme sind und sich mit einer Frau mit einer hohen Stimme unterhalten, müssen Sie Ihre Stimme nur geringfügig verändern, um sich anzupassen. Die eigene Stimme sollte sich nicht radikal von der üblichen Stimme unterscheiden. Es gilt logischerweise auch hier: Subtil und authentisch.
Wie sieht es mit der Lautstärke meines Gesprächspartners aus? Spricht die Person laut oder im Gegenteil eher flüsternd? Auch hier müssen Sie flexibel sein, um sich der Lautstärke der Person vor Ihnen oder am Telefon anzupassen.
Man passt sich an die Sprechgeschwindigkeit seines Gegenübers an. Aber natürlich nur insoweit, dass es sich für einen selbst noch gut anfühlt.
Dieselbe Sprache sprechen
Jeder weiß, wie schwierig es teils sein kann, sich in einer erlernten Sprache verständlich auszudrücken. Viel Natürlichkeit haben wir hingegen in unserer Muttersprache oder in einer Sprache (sowie Dialekt), die wir perfekt beherrschen.
Auf jeden Fall haben wir die Möglichkeit besonders auf Lieblingsworte und Ausdrucksformen zu achten.
Hat der Gesprächspartner eine Vorliebe für bestimmte Wörter oder Ausdrücke? Nutzt er bestimmte Adjektive besonders gerne oder spricht er in Bilder, die Sie aufgreifen könnten? Auch die Wahl bestimmter Wörter und Ausdrucksformen ist also eine Möglichkeit der subtilen Anpassung an die Lebenswirklichkeit des Anderen.
Inhalte, die verbinden
Wie kann ich nun verbindende Gemeinsamkeit beim Gegenüber finden? Wie finde ich denn heraus, wie er denkt und fühlt?
Eine sehr gute Möglichkeit ist die Anwendung von Aktivem Zuhören. Über die Grundhaltung „Ich will mein Gesprächspartner verstehen!“ und der Fokussierung auf den Anderen („Ich bin ganz da für Dich.“) besteht schon mal eine gute Basis. Über das Paraphrasieren gebe ich sinngemäß Gesagtes in eigenen Worten wieder. Damit kann ich prüfen, ob ich mein Gegenüber richtig verstanden habe. Die Profis beim aktiven Zuhören gehen auch auf die Gefühle des Anderen ein. Dabei sprechen sie dem Anderen praktisch aus dem Herzen.
Das aktive Zuhören ist eine prima Technik, um die Welt des Anderen zu erkunden und Gemeinsamkeiten zu finden.
Leading: Die Gesprächsführung übernehmen
Vom Pacing zum Leading: Die Gesprächsführung elegant übernehmen
Leading meint die Gesprächsführung auf Basis eines ausreichend tiefen Rapports. Dabei kann der Übergang von Pacing zum Leading vom Gesprächsführenden nahtlos erfolgen.
Durch den zuvor erstellen tiefen Kontakt verspürt der Gesprächspartner das Bedürfnis, dem Führenden zu folgen; und zwar ganz automatisch und unbewusst.
Im Coaching kann der Coach Leading bewusst einsetzen, um den Coachee vom Problemzustand in einen lösungsorientieren Zustand zu bringen. Für die Tiefe und Qualität eines Coachings ist eine vertrauensvolle Coachee-Coach-Beziehung essenziell.
An der Stelle wichtig zu erwähnen ist, dass der Coach nicht manipulativ agiert. Der Coachee gibt weiterhin das Ziel vor, der Coach übt sich in beraterischen Bescheidenheit. Grundsätzlich sollte man Leading in kleinen Schritten verwenden und es sprachlich offen, vielseitig und möglichst indirekt formulieren. Dies ermöglicht dem Coachee, es mit eigener Bedeutung zu füllen, und regt ihn an, sich in einen inneren Such- und Bindeprozess zu begeben. Hilfreich sind Einladungen und Vorschläge des Coachs in eine positive, vom Coachee gewünschte Richtung, also ein ziel- und lösungsorientiertes Vorgehen, das Ressourcen erkennt und nutzt.
Leading-Strategien im Coaching
Leading-Techniken im Coaching sind Methoden und Interventionen, die Coaches nutzen, um ihre Klienten auf eine Weise zu führen und zu unterstützen, dass diese ihre eigenen Lösungen und Ziele erreichen können. Unter Leading-Techniken, die in verschiedenen Coaching-Kontexten angewendet werden, verstehe ich beispielhaft:
Zielorientiertes Fragen: Das Stellen von offenen Fragen, die den Coachee anregen über einen möglichen Ziel- oder Wunschzustand nachzudenken und diesen Zustand möglichst genau zu beschreiben.
Anwendung von Analyse und Visualisierungstechniken: Im Coaching werden Ist- und Soll-Zustände gerne sichtbar gemacht. Visualisierungen lassen Analysen, aber auch Handlungsoptionen besser sichtbar.
Modellierung von Verhalten: Ein Coach dann erwünschte Verhaltensweisen demonstrieren. Diese können vom Coachee übernommen und weiter ausgebaut werden.
Feedback geben: Der Coach kann dem Coachee konstruktives Feedback geben. Das kann dem Coachee helfen, sein Verhalten und Denkweise zu reflektieren. Feedback kann dann ein Impuls für eine Veränderung sein.
Zusammenfassung
Die Wahrscheinlichkeit einer guten Kommunikation auch in herausfordernden Situationen mit gegebenenfalls schwierigen Personen wird durch die Kenntnis und Anwendung von Pacing erhöht.
Pacing erfolgt durch Angleichung der Körpersprache, Stimme und Sprache an den Gesprächspartner mit dem Ziel eine vertrauensvolle und tragfähige Beziehung (den Rapport) herzustellen.
Rapport beschreibt den guten Kontakt unter den Gesprächspartnern. Im Grunde ist das Angleichen untereinander sowie das Entstehen von Rapport zwischen Menschen, die sich von Haus aus sympathisch sind, eine natürliche Sache. Allerdings kann das Pacing mit dem Ziel des Rapports auch professionalisiert werden.
Der Blogbeitrag beschreibt hierfür die menschlichen Kommunikationswerkzeuge.
Wichtig ist das passende Mindset: Ein wirkliches Interesse für den Anderen, die eigene Authentizität zu wahren, die uneingeschränkte Aufmerksamkeit beim Gegenüber und die nur subtilen Angleichungen im Pacing.