Ja? Nein? ... Jein / Das Wertveränderungsmodell

Entscheidungen treffen

Sicherlich kennen Sie auch Themen, die nicht schwarz oder weiß sind bzw. eben nicht mit einem klaren Ja oder einem klaren Nein beantwortet werden können. Die Bewertung wie man letztlich handeln soll, fällt einfach schwer. Es gibt für beide Seiten entsprechende Argumente Für und Wider. Und nach vielem Hin- und her landet man doch wieder beim Unbestimmten „Jein“. Betrachte ich das Thema von der humorvollen Seite, fällt mir die Hip-Hop-Gruppe „Fettes Brot“ ein. Diese Gruppe hat dem Thema „Jein“ ein Lied gewidmet (1). In diesem Lied wird auch die Hin- und Hergerissenheit skizziert und dabei immer wieder die Frage eingeworfen: „Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein? Jein …“ Dabei geht es in diesem Lied um die Liebe(lei). Die drei Bandmitglieder wägen dabei in ihren jeweiligen Situationen ab: Soll ich den Flirt mit der Frau auf der Party fortführen, da die Freundin ja gerade im Urlaub ist? Kann ich mit der Freundin meines besten Freundes etwas anfangen? Soll ich die „Party des Jahrhunderts“ einem gemütlichen Abend mit der Freundin vorziehen? Und die inneren Stimmen (teils mit Engelchen und Teufelchen im Videoclip dargestellt) stellen jeweils die Vorteile (sowie Nutzen und Gewinn) bzw. die Nachteile (sowie Risiko und Gefahr) der einen sowie anderen Handlungsoption dar.

Besinnung auf Werte

Es herrscht bei den drei Männern also ein Gefühlschaos und letztlich müssen die sie sich auf Ihre Werte besinnen, um für sich die richtige Entscheidung zu treffen. Wir treffen täglich 20.000 Entscheidungen (2). Und natürlich treffen wir diese größtenteils a) blitzschnell und b) meist unbewusst: Die Spülmaschine zuhause gibt über ein akustisches Signal das Reinigungsende an und Sie öffnen wie selbstverständlich die Maschinentür. Oder der Wecker klingelt in der Früh und Sie entscheiden sich diesen sofort auf „Snooze“ zu stellen und sich nochmal zehn Minuten bis zum nächsten Weckruf zu gönnen.

Entscheidungen sind wertebasiert

Entscheidungen sind wertebasiert: Manche Entscheidungen sind aber wichtiger, fundamentaler oder haben nachhaltigen Charakter. Und bei diesen Entscheidungen spielen unsere Werte auch eine Rolle.

Werte- und Entwicklungsquadrat

Bei diesem Werte- und Entwicklungsquadrat (3) werden menschlichen Qualitäten (Werte) entsprechende Gegenqualitäten gegenübergestellt. Zum Beispiel:

Neben einer gesunden Sparsamkeit bedarf es wohl auch einer gewissen Großzügigkeit, um kein Geizhals zu sein. Oder ein anderes Beispiel: Ehrlichkeit ohne den gewissen Takt, die gewisse Sensibilität kann zu einer brutalen und letztlich unerwünschten Offenheit führen. Anders herum kann Takt ohne Ehrlichkeit eine zwar höfliche, aber hohle Fassade bilden.

Die Balance als Mittelweg

Offensichtlich wäre also die richtige Balance der gesunde Mittelweg! Und Ziel wäre praktisch (mit Blick auf die Gegenpole) anstehende Entwicklungsrichtungen zu entdecken, um schlussendlich die gewünschte Balance zu finden.

Wertveränderungsmodell

Das Ziel des nun vorgestellten Wertveränderungsmodells ist, mehr Klarheit sowie Verständnis und Akzeptanz für den Wert zu schaffen. Auch in diesem Modell wird mit Gegenpolen gearbeitet.

Beispiel Wert Gegenwert
1
Ich positionierte mich.
Ich halte mich zurück.
2
Ich gebe Feedback
Ich gebe kein Feedback
3
Ich zeige mich offen wie ich bin.
Ich passe mich der Umgebung und äußeren Erwartungen an.

Bewertung der Pole/ der Werte

Dabei wird jetzt für sowohl den Wert als auch den Gegenwert praktisch nach Plus und Minus gefragt: – Plus: Vorteile? Nutzen? Gewinn? – Minus: Nachteile? Risiken? Gefahren?

Wertveränderungsmodell im Bild

Dabei wird jetzt für sowohl den Wert als auch den Gegenwert praktisch nach Plus und Minus gefragt: – Plus: Vorteile? Nutzen? Gewinn? – Minus: Nachteile? Risiken? Gefahren?

Wertveränderungsmodell

Basis für willentliche Entscheidungen

Und was ist nun mit der geschaffenen Klarheit anzufangen? Letztendlich will man sich doch entscheiden: Ja oder Nein, anstatt Jein. Das Modell lässt ein bewusstes, willentliches Verschieben eines imaginären Reglers von einem zum anderen Wertepol zu. Ich kann mich also ganz bewusst für meinen derzeit eingenommenen Wert entscheiden (es gibt ja offensichtlich auch gute Gründe) – und das natürlich jeweils im konkreten Kontext oder Zeitpunkt. Oder ich kann mich (auch jeweils im konkreten Kontext oder Zeitpunkt) bewusst in Richtung Gegenpol verändern und dies leben.

Fazit

Die über das Modell geschaffene Klarheit über Vorteile / Nutzen / Gewinn sowie Nachteile / Risiken / Gefahren für Wert- und Gegenwert und dem bewussten Verschieben des imaginären Reglers zur einen oder zur anderen Seite kann ich letztlich zu einer Entscheidung gelangen.

(1) Fettes Brot, 1996, https://www.youtube.com/watch?v=tcV7VN3l3bY
(2) Wirtschaftswoche, 2008, https://www.wiwo.de/erfolg/trends/zeitdruck-im-job-20-000-blitzentscheidungen-pro-tag/5445178.html
(3) Friedemann Schulz von Thun, 2010, https://www.schulz-von-thun.de/files/Inhalte/PDF-Dateien/Interview%20Das%20Werte-%20und%20Entwicklungsquadrat.pdf
(4) Thomas Späth / Silvia Brender (2022), Coaching-Methodenschatz (1. Auflage), S. 94 ff., Beltz Verlag