Neu in Führung - Die ersten 100 Tage
Als Führungskraft in einem neuen Team oder einer neuen Abteilung – sei es durch Beförderung oder externe Einstellung – befinden Sie sich an einem entscheidenden Wendepunkt.
Diese Situation erfordert nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch Feingefühl, um sich erfolgreich zu etablieren. Oft wird der Druck verspürt, sich durch sofortige Handlungen zu beweisen, doch dies kann schnell in Überheblichkeit oder falsche Erwartungen münden. Anstatt in hektische Aktivitäten zu verfallen, ist es ratsam, innezuhalten und sich der eigenen Rolle und Verantwortung bewusst zu werden. Diese neue Position bietet nicht nur die Chance, das eigene Potenzial zu entfalten, sondern verlangt auch einen klaren Kopf, um nachhaltig Vertrauen, Authentizität und Kompetenz auszustrahlen.
Als Coach begleite ich regelmäßig auch Personen, die neu in Führung sind. Da Coaching keine Beratung darstellt, ist auch dieser Blogbeitrag eher als Anregung zu verstehen und weist mögliche Erfolgsfaktoren für die ersten 100 Tage auf.
Der Blogbeitrag gliedert sich dabei wie folgt auf:
- Innehalten anstatt Aktionismus
- Die eigene Führungsrolle finden
- Erwartungen und Ziele
- Das Team, die Zusammenarbeit und Ihre Positionierung
- Gut kommunizieren gilt immer
- Nach den ersten 100 Tagen: Entscheidungen
- Zusammenfassung
- Abschluss mit Video
Ich wünsche gute Inspiration!
Innehalten statt Aktionismus
Zusehen, Lernen und viele Fragen stellen
In einer neuen Führungsposition kann es reizvoll sein, schnell große Pläne zu verkünden. Oft ist es jedoch hilfreich, sich zu Beginn Zeit zu nehmen, um zuzuhören, Fragen zu stellen und die bestehenden Strukturen zu verstehen. So lässt sich ein tieferes Verständnis für die Dynamiken im Team gewinnen. Gerade in den ersten 100 Tagen könnte der Fokus auf das Lernen von den Kolleginnen und Kollegen liegen, besonders auch von denen, die möglicherweise kritisch sind oder sich selbst in einer Führungsrolle gesehen haben. Dies schafft eine Atmosphäre des Respekts und zeigt, dass Veränderungen auf solider Grundlage erfolgen werden.
Mitarbeitende kennenlernen und Vertrauen aufbauen
Bevor Sie als Führungskraft aktiv werden, kann es hilfreich sein, zunächst eine Vertrauensbasis mit den Mitarbeitenden aufzubauen. Glaubwürdigkeit und Authentizität entstehen nicht nur durch Kompetenz, sondern auch durch den Aufbau von Beziehungen. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, langfristige Bindungen zu schaffen, die durch regelmäßige, respektvolle Kommunikation und ehrliches Interesse an den Menschen im Team gestärkt werden. Vertrauen entwickelt sich oft durch Geduld und Beständigkeit, und wer Veränderungen zu früh einführt, läuft Gefahr, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu gefährden.
Sich in die Kultur einfühlen
Ein weiteres entscheidendes Element ist das Verständnis der bestehenden Unternehmenskultur. Jede Organisation hat ihre eigene Kommunikations- und Hierarchiekultur, die stark variiert. Als neue Führungskraft sollten Sie diese Kultur gut beobachten:
Wie kommunizieren die Menschen miteinander?
Wie stark ist die Hierarchie?
Entspricht die Art der Zusammenarbeit Ihrer Vorstellung von Führung?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, in die Beobachterrolle zu gehen. Nur durch ein tiefes Verständnis der Kultur können Sie entscheiden, ob und wie Veränderungen sinnvoll und authentisch eingeführt werden können. Dies legt die Grundlage für einen langfristigen Erfolg.
Die eigene Rolle finden
Führungsrollen und Vorbilder
In den ersten 100 Tagen als Führungskraft ist es entscheidend, sich über die eigene Persönlichkeit und Führungsstärke klar zu werden.
Gerne frage ich meines Coachees welche Erfahrung sie jeweils mit ihren Führungskräften gemacht haben. Durch diese Reflexion lassen sich bereits ersten eigene Führungskriterien und Werte erarbeiten.
Die Ausgangsfrage: Wenn Sie zurückdenken an die Führungskräfte, die Sie selbst bisher erlebt haben oder an Menschen, bei denen Sie Führung erleben haben (Eltern, Großeltern, Trainer, Lehrer, etc.):
- Wen gab es da, an die oder den Sie positive Erinnerungen haben? Wo würden Sie sagen: Das war gelungene Führung?
- Wer hat Sie besonders beeindruck / gefordert / gefördert / begeistert / gestört?
- Welche persönlichen Werte sollen Ihr Führungshandeln leiten?
Dieser Blick in die „Ahnengalerie“ hilft dabei, das Beste und Passendste zu identifizieren und so im ersten Schritt eine eigene Führungsrolle zu entwickeln.
Persönlichkeitsmodelle
Führung beinhaltet immer eine Bandbreite von Teilaufgaben und Erwartungen. Grob könnte man zwischen sachorientierten und menschen-/beziehungsorientierten Aufgaben unterscheiden. Des Weiteren gibt es eher extrovertierte als auch introvertierte Menschen. Die Arbeit mit Persönlichkeitsmodellen wie dem DISG-Modell liegt nahe.
Tatsächlich erlebe ich im Coaching Führungskräfte, die ihre Persönlichkeitsbeschreibung nach diesem Modell klar angeben:
„Ich bin eher ein gelber Typ.“
Nebenstehende Grafik beschreibt das Modell bildhaft. Es ergeben sich vier Quadranten.
Das DISG-Modell ähnelt dem Riemann-Thomann-Modell, wo die Ausrichtungen wie folgt heißen:
- Nähe vs. Distanz und
- Dauer vs. Wechsel
Je nach Persönlichkeitstyp verfügt man also über unterschiedliche Stärken.
Persönlichkeitstest basierend auf diesem Modell finden Sie kostenlos im Internet. Die vier Quadranten werden dann numerisch zwischen 0 und 100 ausgegeben und geben letztlich einen Hinweis, wo sie sich mit Ihrer Persönlichkeit am ehesten verorten lassen. Beispielhaft sind nachfolgende zwei Testergebnisse ausgegeben.
Beispiel: Typ Blau – Gewissenhaft:
Du willst auf der Grundlage von Fakten handeln. Korrektheit ist dir wichtig. Anderen fällt auf, wie gewissenhaft und exakt du an Aufgaben arbeitest, die die Berücksichtigung von Details und Genauigkeit erfordern. In schwierigen Situationen verstärkt sich deine kritische Denkfähigkeit und dein Bedürfnis, das Richtige zu tun. Du dokumentierst deine Entscheidungen, findest Gründe für dein Handeln und verteidigst beharrlich deinen Standpunkt …
Beispiel: Typ Rot – Dominant:
Du willst Themen effektiv und zielstrebig angehen. Eigenständigkeit und Entschlossenheit sind dir wichtig. Anderen fällt auf, wie ambitioniert und mutig du Herausforderungen annimmst, dabei verlierst du selten dein Ziel aus den Augen. In schwierigen Situationen verstärkt sich dein Drang, schneller voranzukommen und Ergebnisse zu sehen. Du schiebst andere Meinungen beiseite, fokussierst dich auf dein Ziel und handelst nach deiner Überzeugung.
Das vorgestellte Modell ist eines von vielen Persönlichkeitsmodellen. Häufig genannt wird in diesem Zusammenhang noch das „Big Five der Persönlichkeit“ auf das im Rahmen dieses Blogbeitrags aber nicht weiter eingegangen werden soll.
Das Heranziehen von Persönlichkeitsmodellen kann bei der Einschätzung der eigenen Persönlichkeit und damit Stärken und Schwächen nützlich sein.
Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken
Diese Analyse könnte dem Modell SWOT (Strengths – Weaknesses – Opportunities – Threads) folgen.
Zunächst betrachten Sie Ihre inneren Ressourcen:
- Stärken (Strengths): Auf welche Kompetenzen und Fähigkeiten können Sie sich verlassen? Welches Wissen und welche Erfahrungen können Ihnen in Ihrer aktuellen Position helfen?
- Schwächen (Weaknesses): Was macht die momentane Situation schwierig? Welche Kompetenzen, welches Wissen und welche Erfahrungen fehlen Ihnen oder setzen Sie zu wenig ein, um diese Herausforderungen zu meistern?
Dann richten Sie den Blick auf Ihr Umfeld sowie externe Ressourcen:
- Chancen (Opportunities): Welche Möglichkeiten bietet Ihnen die gegenwärtige Situation? Wer kann Sie in Ihrem Vorhaben unterstützen? Welches Potenzial sehen Sie im Team?
- Risiken (Threads): Mit welchen Schwierigkeiten müssen Sie rechnen? Welche Hindernisse könnten auftauchen und was könnten Sie schlimmstenfalls verlieren?
Abschließend können Sie die Analysestufen verknüpfen, um konkrete Handlungsschritte abzuleiten:
- Stärken und Chancen: Wie können Sie Ihre Stärken gezielt einsetzen, um die Chancen zu nutzen? Welche ungenutzten Potenziale können Sie aktivieren, um Ihre Ziele zu erreichen?
- Schwächen und Chancen: Gibt es Schwächen, die Sie in Stärken umwandeln können? Welche Chancen ergeben sich daraus? Welche Schwächen müssen Sie abbauen, um Chancen besser zu nutzen?
- Stärken und Risiken: Welche Ihrer Stärken helfen Ihnen, Risiken zu bewältigen? Können Sie mit Ihren Fähigkeiten schwierige Situationen entschärfen oder sogar davon profitieren?
- Schwächen und Risiken: Welche Schwächen sollten Sie abbauen, um Risiken zu minimieren? Gibt es sogar Schwächen, die Ihnen in kritischen Situationen helfen könnten?
Die unterschiedlichen Rollen einer Führungskraft
Werden Sie sich klar, dass Sie als Führungskraft situativ in unterschiedliche Rollen schlüpfen müssen. Wie eine Führungskraft „zu sein hat“, wird in tausenden von Büchern beschrieben. Ich behelfe mir im Coaching u.a. folgender vereinfachter Grafik.
Es gilt je nach Anforderung und Situation die adäquate Rolle einzunehmen.
Erwartungen und Ziele
Erwartungen und Vorgaben des Unternehmens
Im Gespräch mit Ihrer Führungskraft werden vermutlich bereits Erwartungen und Vorgaben an Sie formuliert. Wenn nicht, gilt es nachzufragen. Gibt es wichtige Unternehmens-Leitlinien und -werte? Wofür steht das Unternehmen? Und ganz konkret: Welche Ziele haben Sie mit Blick auf Umsatz, Gewinn, Kosten, Innovationen, Kundengewinnung, etc.? Wie soll Ihr Beitrag zum Unternehmenserfolg aussehen? Und gibt es Themen, die Sie priorisiert angehen sollen?
Ein erstes Zielbild
Angenommen es sind zwei Jahre vergangen und Ihr Teams hat sich unter Ihrer Leitung prächtig entwickelt:
- Was haben Sie dann erreicht? Wie steht die Abteilung da?
- Wie arbeiten Sie im Team zusammen?
- Wie funktionieren Führung und Zusammenarbeit aus?
Beschreiben Sie doch mal, wie Sie es gerne hätten!
Zieleformat zur Definition von Handlungsfeldern und Maßnahmen
Wie weit sind Sie vom Zielbild entfernt?
Im sogenannten Zieleformat wird an einem Ende das ZIEL und am anderen Ende das HEUTE gelegt.
Auf dem Weg in Richtung ZIEL gibt es sinnvolle Zwischen-Ziele sowie möglicherweise Hürden, die es zu beseitigen oder aufzulösen gibt. Machen Sie sich ein Bild dieser Zwischen-Ziele und Hürden! Überlegen Sie sich, was wann von wem angepackt werden muss, um letztlich das ZIEL zu erreichen.
Die Arbeit mit Meilensteinen (manche nennen es auch Zwischenziele oder Mikroziele) bietet einen strukturierten Ansatz, um große Ziele schrittweise und effektiver zu erreichen. Anstatt nur ein großes Ziel zu verfolgen, wie beispielsweise die Verbesserung der Zusammenarbeit im Team, ist es hilfreich, dieses Ziel zu unterteilen. Jeder Meilenstein repräsentiert dabei einen wichtigen Zwischenschritt, wie Teambildungsworkshops, klare Zielvorgaben oder Einzelgespräche mit Teammitgliedern.
Jeder dieser Meilensteine kann als eigenes Projekt betrachtet werden, und dadurch entsteht eine Art Projektkaskade. Diese Struktur hilft, komplexe Vorhaben in überschaubare Abschnitte zu unterteilen und den Fortschritt besser zu kontrollieren.
Ein Beispiel: Sie möchten ein schwieriges Gespräch mit einem Kollegen führen, der die Teamstimmung negativ beeinflusst. Das übergeordnete Ziel ist die langfristige Integration des Kollegen ins Team. Um den Druck zu mindern, sollten Sie sich kleine Mikroziele setzen, die sich schrittweise erreichen lassen. Ein Mikroziel könnte sein, dass der Kollege zuhört, anstatt sofort abzublocken, oder dass er seine Beweggründe für sein Verhalten offenlegt. Für den Erfolg dieser Mikrozielsetzung müssen Sie sich auch persönliche Ziele setzen, die Ihnen helfen, das Gespräch positiv zu gestalten. Wenn Sie z.B. ein offenes und konstruktives Gespräch anstreben, sollten Sie darauf achten, geduldig, neugierig und ruhig zu bleiben. Dazu könnten Sie sich Mikroziele wie das Einhalten von Pausen, eine entspannte Körperhaltung und das Stellen offener Fragen setzen.
Durch diese kleinschrittige Vorgehensweise gelingt es Ihnen, große Ziele schneller und effektiver zu erreichen. Im Gegensatz zur Verfolgung eines einzigen großen Ziels, bei dem oft unklar bleibt, wie es zu erreichen ist, bietet die Arbeit mit Mikrozielen eine konkrete Handlungsanleitung, die die Umsetzung erleichtert.
Zielformulierung mit den logischen Ebenen nach Robert Dilts
Passt das erarbeitete Ziel auch zu mir? Erfüllt es mich mit Sinn? Deckt es sich mit meinen Werten?
Die nun vorgestellte Methode kann zur Überprüfung des Ziels herangezogen werden. Es soll verhindern, dass Sie basierend auf Erwartungen Anderer kognitiv ein Ziel formulieren, bei denen Sie – wenn man mal ganz ehrlich ist und in sich hineinfühlt – Bauchschmerzen haben.
Die logischen Ebenen nach Robert Dilts (Mitbegründer des NLP, *1955) ist ein Modell, das sowohl für die Ausarbeitung von Zielen als auch zur Prüfung bezüglich Kongruenz herangezogen werden kann. Die logischen Ebenen kann man sich wie eine Pyramide vorstellen und lauten:
- Umgebung / Kontext
- Verhalten
- Fähigkeiten
- Werte und Glaubenssätze
- Identität
- Sinn / Mission / Zugehörigkeit
Der Gang durch die 6 Ebenen erfolgt in der Annahme das Ziel bereits erreicht zu haben. Nehmen wir an, Sie hätten folgendes Zielbild erarbeitet:
In zwei Jahren hat sich das Team unter meiner Führung zu einer hochperformanten, innovativen Abteilung entwickelt, die eng zusammenarbeitet und klare Kommunikationsstrukturen etabliert hat. Die Teammitglieder übernehmen Verantwortung und arbeiten selbstständig an Projekten, die zu einem 15%igen Anstieg des Umsatzes beitragen. Wir haben neue Kunden gewonnen und unser Portfolio um zwei innovative Produkte erweitert, die als Marktführer gelten. Unsere Arbeitskultur ist geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Motivation und kontinuierlicher Weiterentwicklung.
Folgende Fragen könnten dann auf den Ebenen folgen. Es geht mit der untersten Ebene (Umgebung / Kontext) los.
Umwelt / Kontext:
- In welcher Umgebung befinde ich mich, wenn dieses Ziel erreicht ist?
- Wie sieht mein Arbeitsplatz aus, wie ist das Arbeitsumfeld gestaltet?
- Welche externen Faktoren (Markt, Kunden, Technologien) beeinflussen meine Arbeit und wie gehe ich damit um?
Verhalten:
- Welche konkreten Verhaltensweisen zeige ich, um das Ziel zu erreichen?
- Wie führe ich mein Team täglich? Welche Routinen oder Gewohnheiten habe ich etabliert?
- Wie reagiere ich in schwierigen Situationen oder bei Konflikten im Team?
Fähigkeiten und Kompetenzen:
- Welche Fähigkeiten habe ich entwickelt, um dieses Ziel zu erreichen?
- Welche neuen Kompetenzen habe ich erlernt oder verbessert (z.B. Führung, Kommunikation, strategische Planung)?
- Wie nutze ich meine Stärken und wie habe ich Schwächen ausgeglichen?
Werte:
- Welche Werte leiten mein Handeln in Bezug auf Führung und Teamarbeit?
- Inwiefern spiegelt das Zielbild meine Überzeugungen über Zusammenarbeit, Erfolg und Führung wider?
- Wie fühle ich mich in Situationen, in denen meine Werte herausgefordert werden?
Identität:
- Wie sehe ich mich selbst in meiner Rolle als Führungskraft, wenn dieses Ziel erreicht ist?
- Welche Identität habe ich als Führungspersönlichkeit entwickelt? Bin ich der Leader, der ich sein möchte?
- Inwiefern hat sich meine Selbstwahrnehmung verändert?
Sinn / Mission / Zugehörigkeit:
- Welchen größeren Sinn erfüllt das Erreichen dieses Ziels für mich persönlich?
- Wie trägt mein Beitrag zu einer übergeordneten Mission des Unternehmens oder der Gesellschaft bei?
- Fühle ich mich mit meinem Team und der Unternehmenskultur in Einklang?
Wie fühlt sich Ihr ursprünglich definiertes Ziel nun an?
Die logischen Ebenen sind eng miteinander verknüpft. Ziele, die nicht zu Ihrer Identität oder Ihren Werten passen, werden schwer zu erreichen sein, da sie nicht im Einklang mit Ihrer inneren Motivation stehen. Ebenso müssen Ihre Fähigkeiten mit den Anforderungen der Umwelt harmonieren, um Ihr Verhalten erfolgreich zu machen. Jede Ebene beeinflusst die andere, und das Zusammenspiel dieser Ebenen ermöglicht eine tiefere Reflexion und eine klare Fokussierung auf Ihre Ziele und die notwendigen Schritte, um diese zu erreichen.
Dieses Modell hilft Ihnen dabei, Ihre Ziele in einem größeren Zusammenhang zu betrachten und sicherzustellen, dass alle Ebenen aufeinander abgestimmt sind.
Das Team, die Zusammenarbeit und Ihre Positionierung
Alle am richtigen Platz
In der Positionierung als Führungskraft ist es essenziell, sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter am möglichst richtigen Platz sind. Das heißt, dass die Mitarbeiter auf ihren jeweiligen Stellen auch bestmöglich ihre Stärken und Kompetenzen einbringen können. Auch wenn Sie als Führungskraft neu ins Team kommen, ist es selten möglich, ein komplett neues Team zusammenzustellen. Stattdessen sollten Sie evaluieren, ob Ihre Mitarbeiter im „Flow“ sind, das heißt, ob sie produktiv und zufrieden arbeiten. Ein solcher Zustand wird erreicht, wenn die Anforderungen der Arbeit und die Kompetenzen der Mitarbeiter zusammenpassen, klare Ziele definiert sind und regelmäßiges, natürliches Feedback – sei es von Kollegen oder Kunden – gegeben wird. Zudem sollte der Sinn der Arbeit für alle klar erkennbar sein.
Eine erste Übersicht zur Zusammenarbeit im Team
Zur Reflexion der Zusammenarbeit im Team könnte folgendes Vier-Felder-Schema nützlich sein, um nachfolgende Punkte zu klären. In einem Team-Workshop könnten Sie hier Antworten einsammeln.
- Zusammenarbeit bedeutet für mich …
- Das Team ist am kreativsten, wenn …
- Probleme im Team tauchen auf, wenn …
- Teamkonflikte lassen sich am besten lösen, indem …
Teams funktionieren dann gut, wenn alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten und die Gruppenleistung im Vordergrund steht. Es ist wichtig, dass Teams nicht als Sprungbrett für individuelle Karriereziele genutzt werden. Besonders bei räumlicher Distanz ist es essenziell, die Teamdynamik aktiv zu pflegen. Teams scheitern hingegen, wenn sie sich isolieren, Umweltfaktoren ignorieren oder sich in Detailarbeit und ständiger Neuplanung verlieren.
Persönlichkeiten, Kommunikationsstile und Teamrollen
Unterschiedliche Persönlichkeiten im Team
Je nach den Persönlichkeiten und den eingenommenen Rollen im Team läuft die Kommunikation und Zusammenarbeit.
Die Einschätzung der Mitarbeiter nach Ihrer Persönlichkeit habe ich im Kapitel „Persönlichkeitsmodelle“ bereits vorgestellt.
Unterschiedliche Kommunikationsstile im Team
Abgeleitet von dieser Persönlichkeit (sowie vom Kontext) kommunizieren diese Personen präferiert nach bestimmten Kommunikationsstilen. Friedemann Schulz von Thun (deutscher Kommunikationspsychologe, *1944, den meisten vom Vier-Ohren-Modell bekannt) beschreibt folgende acht Kommunikationsstile, wobei er deutlich macht: Jeder Mensch kommuniziert zwar in allen Stilen, doch in einem oder zwei Stilen kommuniziert er besonders häufig und besonders ausgeprägt.
- Der bedürftig-abhängige Stil
- Der helfende Stil
- Der selbstlose Stil
- Der aggressive-entwertende Stil
- Der sich beweisende Stil
- Der bestimmend-kontrollierende Stil
- Der sich distanzierende Stil
- Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Stil
Mehr zu den Kommunikationsstilen erfahren Sie hier: Kommunikationsstile – Norbert Gebel (coaching-gebel.de)
Unterschiedliche Rollen im Team
Belbin beschreibt 9 Teamrollen und teilt diese in die Bereiche Handlungsorientierung, Wissensorientierung und Kommunikationsorientierung ein.
Handlungsorientierte Rollen:
- Perfektionist
- Umsetzer
- Macher
Wissensorientierte Rollen:
- Erfinder
- Spezialist
- Beobachter
Kommunikationsorientierte Rollen:
- Weichensteller
- Teamarbeiter
- Koordinator
Erfolgreiche Teams zeichnen sich durch eine Mischung verschiedener Rollen aus, die jeweils unterschiedliche Fähigkeiten und Stärken einbringen. Handlungsorientierte Rollen treiben Projekte voran. Wissensorientierte Rollen bringen analytische und kreative Fähigkeiten ein. Kommunikationsorientierte Rollen sorgen für den sozialen Zusammenhalt und fördern die Zusammenarbeit. Jede Rolle ist wichtig, um ein Team ausgewogen und erfolgreich zu gestalten.
Natürlich nehmen Personen auch bis zu einem gewissen Grad mehrere Rollen ein. Es ist außerdem nicht notwendig, dass in jedem Team alle Rollen vollständig besetzt sind, da dies von den spezifischen Aufgaben abhängt. Fehlen jedoch essenzielle Rollen, wie z.B. aus der Handlungsorientierung Fähigkeiten wie qualitätsorientiertes Handeln und Kontrolle, könnte diese Verantwortung an die Führungskraft zurückfallen.
Als Führungskraft ist es daher wichtig, die Teamrollen zu erkennen und zu reflektieren. Und welche Rollen nehmen Sie hier als Führungskraft ein?
Eine systemische Team-Betrachtung
Wenn Teammitglieder nicht ihre volle Leistung erbringen, lohnt es sich, nicht nur ihre individuellen Kompetenzen, sondern auch die Interaktionen und Muster im Team zu betrachten. Von welchen Personen und Dynamiken hängt ihr Erfolg ab? Welche Erwartungen bestehen im Team? Und gibt es möglicherweise widersprüchliche Erwartungen oder unklare Rollenverteilungen, die das Miteinander erschweren?
Gut kommunizieren gilt immer
Vorbild sein
Kommunizieren Sie was Ihnen wichtig ist. Leben Sie das vor. Seien Sie Vorbild!
Die Basis jeder Einflussnahme ist das Vorbild, das die Führungskraft selbst gibt. Glaubwürdigkeit entsteht, wenn Worte und Taten übereinstimmen. Eine Führungskraft kann nur von anderen erwarten, was sie selbst vorlebt. Beispiel: Wer pünktlich ist, kann von seinen Mitarbeitern ebenfalls Pünktlichkeit erwarten. Authentizität ist der Schlüssel, um Vertrauen zu schaffen und wirklich Einfluss zu nehmen.
In Beziehung stehen
Beziehungen zu den Mitarbeitern aufzubauen und zu pflegen, ist essenziell. Das bedeutet nicht, sich anzubiedern, sondern Vertrauen, Verlässlichkeit und Respekt zu zeigen. Mitarbeiter müssen Zeit haben, um schwierige Nachrichten zu verarbeiten und eigene Lösungen zu entwickeln. Druck erzeugt meist nur Widerstand. Offenheit und Geduld sind daher zentrale Bestandteile einer gesunden Beziehungsebene.
Aktives Zuhören
Der offenen Grundhaltung „Ich will verstehen!“ folgend ist es ein Ausdruck des wertschätzenden Interesses für den Mitarbeiter. Ich höre zu und verstehe den Inhalt durch Paraphrasieren zu verstehen. Des Weiteren kann ich durch Verbalisierung der Gefühle sowie Angebot einer Metapher den Rapport weiter verstärken.
Feedback geben
Auch Feedback ist ein zentrales Element der Kommunikation. Hier kann ich positive sowie negative Leistungen offen besprechen.
Feedback ist ein entscheidendes Instrument, um die Motivation zu erhöhen und Weiterentwicklung bei Mitarbeitern zu fördern. Es bietet Führungskräften die Möglichkeit, Verhalten zu reflektieren und zu beeinflussen. Ein wesentliches Prinzip hinter Feedback ist das Johari-Fenster, welches verdeutlicht, dass nur ein kleiner Teil unseres Verhaltens uns selbst bewusst ist. Ein Großteil bleibt unbewusst oder wird nicht angesprochen. Hier greift Feedback ein: Es deckt blinde Flecken auf und hilft, Verhaltensweisen zu korrigieren oder weiterzuentwickeln.
Kennen Sie WWW? Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch
Beschreiben Sie Ihre Wahrnehmung (ein beobachtetes, konkretes Verhalten), zeigen Sie die Wirkung auf und formulieren Sie dann den Wunsch.
Feedback in angenehmer Atmosphäre kann das gegenseitige Verständnis stärken, kann helfen Vertrauen aufzubauen und letztlich dazu beitragen Ergebnisse zu verbessern. Feedback – richtig eingesetzt – hat Potential für Weiterentwicklung.
Das Problemeigentum
Das „Problemeigentum“ ist ein Konzept, das dabei hilft, in der Kommunikation klar zu erkennen, wer das eigentliche Problem hat – die Führungskraft oder der Mitarbeiter.
Es basiert darauf, dass derjenige, der das Problem besitzt, auch verantwortlich ist, es zu lösen.
In der Praxis bedeutet das: Wenn ein Mitarbeiter Schwierigkeiten hat, eine Aufgabe zu bewältigen, gehört ihm das Problem. Die Führungskraft sollte durch aktives Zuhören unterstützen und gezielte Fragen stellen, um die Ursachen zu verstehen. Hat die Führungskraft selbst das Problem, zum Beispiel weil Teamziele nicht erreicht werden, muss sie klare Ansagen machen und Verantwortung übernehmen. Das Konzept erleichtert die Analyse von Herausforderungen und hilft, die richtige Kommunikationsstrategie zu wählen, um Lösungen zu finden.
Nach den ersten 100 Tagen: Entscheidungen
Nach den ersten 100 Tagen beginnt eine neue Phase der Führung. Bis hierhin haben Sie Bindungen aufgebaut, die Situation beobachtet und die Stärken und Schwächen Ihrer Mitarbeiter erfasst. Jetzt, da die „Schonfrist“ vorbei ist, wird von Ihnen erwartet, dass Sie sichtbare und konsequente Entscheidungen treffen.
Erste Entscheidungen auf Basis guter Beobachtungen
Nun bietet sich die Gelegenheit, erste spürbare Entscheidungen zu treffen. Nach etwa drei Monaten ist es hilfreich, nicht nur zu analysieren, sondern auch aktiv zu werden. Ihre Mitarbeiter freuen sich darauf, Veränderungen wahrzunehmen und zu sehen, wie Sie als Führungskraft handeln. Die Entscheidungen sollten sorgfältig vorbereitet und auf Grundlage Ihrer Beobachtungen und Einschätzungen getroffen werden. Es geht dabei nicht nur um die Einführung von Veränderungen, sondern auch darum, das Vertrauen in Ihre Führungsstärke zu stärken, indem Sie konkrete und wahrnehmbare Maßnahmen umsetzen.
Fokus auf wichtige Punkte mit Spürbarkeit
Hier ist eine strategische Herangehensweise wichtig. Nutzen Sie die Eisenhower-Matrix, um zwischen dringlichen und nicht dringlichen, aber dennoch wichtigen Aufgaben zu unterscheiden. Manche Themen sind dringend und wichtig und erfordern sofortiges Handeln, während andere wichtig, aber weniger zeitkritisch sind. Als Führungskraft sollten Sie sich jetzt auf die Punkte konzentrieren, die spürbare Veränderungen bewirken.
Spürbare Maßnahmen können beispielsweise sein:
- Fortbildungen zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter,
- Coaching-Angebote, um individuelle Stärken zu fördern,
- Umstrukturierungen oder neue Positionierungen im Team,
- Feedback- und Entwicklungsgespräche zur Verbesserung der Zusammenarbeit,
- Neue Ideen für Produkte oder Dienstleistungen, die das Team voranbringen.
Klare, spürbare Entscheidungen sind jetzt angebracht, um Ihre Führungskraft zu untermauern und das Team aktiv in die nächste Phase zu führen.
Zusammenfassung
In den ersten 100 Tagen in einer neuen Führungsrolle ist es entscheidend, mit Bedacht vorzugehen und klare Prioritäten zu setzen. Statt sofortigen Aktionismus zu zeigen, sollte der Fokus zunächst darauf liegen, das Team, die Arbeitsabläufe und die Unternehmenskultur zu beobachten und zu verstehen.
Eine erfolgreiche Führungskraft analysiert die eigenen Stärken, Schwächen und Entwicklungspotenziale und gleicht diese mit den Anforderungen der neuen Rolle ab. Auch die Erwartungen des Unternehmens an die Führungsperson sollten frühzeitig geklärt werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann ein Zielbild entwickelt werden, das sowohl den eigenen Werten als auch den strategischen Zielen des Unternehmens entspricht.
Der Blick ins Team: Unterschiedliche Persönlichkeiten, Kommunikationsstile und Rollen beeinflussen die Zusammenarbeit maßgeblich. Ein gut funktionierendes Team zeichnet sich durch eine ausgewogene Rollenverteilung aus, bei der jede Person ihre Stärken einbringen kann. Es ist daher wichtig, die jeweiligen Teamrollen zu identifizieren und zu fördern, um eine produktive und harmonische Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Nach den ersten 100 Tagen sollten getroffene Maßnahmen spürbare Veränderungen bewirken. Entscheidungen, die auf fundierten Beobachtungen und Analysen basieren, stärken das Vertrauen in die Führungsstärke und geben dem Team Orientierung. Diese Phase markiert den Übergang von der Beobachtung hin zu einer aktiven Gestaltung der Teamprozesse und der Unternehmenskultur. Letztlich können so die Weichen für eine nachhaltige und erfolgreiche Zusammenarbeit gestellt werden.