Erfolgreiche Kommunikation mit der Push-Pull-Strategie

Erfolgreiche Kommunikation mit der Push-Pull-Strategie

Erfolgreiche Kommunikation mit der Push-Pull-Strategie

Kennen Sie das Buch „How to win Friends and Influence People“ von Dale Carnegie?

Als ich dem Buch vor Jahren begegnet bin, hat mich zunächst das Wörtchen „influence“ ein wenig irritiert. Dieser Begriff ist in unserem Sprachgebrauch oft negativ belegt, weil es mit Manipulation und Kontrolle in Verbindung gebracht wird.

Aber geht es bei der Kunst „influence“, also kommunikativ bewusst und gezielt zu beeinflussen, nicht auch um den Aufbau positiver Beziehungen? Beziehungsweise darum, ein besseres Verständnis füreinander zu erlangen, Menschen zu inspirieren und zu motivieren bzw. sie auch zu besseren Entscheidungen zu bringen?

Die Push-Pull-Strategie beschreibt eine effektive Kommunikationsstrategie. Sie skizziert eine geschickte Mischung aus assertiven Anteilen („Push“ eigener Ideen und Ansichten) und emphatischen Anteilen („Pull“). Durch Anwendung dieser Strategie werden Ziele wahrscheinlicher erreicht.

Die Push-Pull-Strategie ist im Marketing weitverbreitet. Außerdem erhält sie Eingang in einigen Verkaufstrainings. Ich kann nur vermuten, dass auch in ein paar Führungskräfte-Trainings auf diese Kommunikationsstrategie eingegangen wird. Einsetzbar ist die Push-Pull-Strategie immer dort, wo gute Kommunikation entscheidend für den Erfolg ist. Letztlich ist damit das Einsatzgebiet mannigfaltig!

Eines vorweg: Die vorgestellte Kommunikationsstrategie basiert auf dem aufrichtigen Interesse an der anderen Person! 
Nachfolgend werden die Push- und Pull-Stile (sowie neutrale Stile) vorgestellt, auf die optimale Kombination für eine erfolgreiche Kombination hingewiesen und am Ende Beispiele dafür gegeben.

Push-Stile

Push-Stile

Bei den Push-Stilen stehen eigene Ideen, Überzeugungen und Handlungen im Vordergrund. Push-Stile sind eher ICH-orientiert.
Besonders hervorzuheben sind hierbei das Überzeugen und das Konfrontieren.

Überzeugen

Das Überzeugen ist ein Kommunikations-Ansatz, der sich durch die zwei wesentlichen Säulen „Vorschlagen“ und „Begründen“ charakterisieren lässt.

Vorschlagen

Beim Vorschlagen werden dem Gesprächspartner Möglichkeiten aufgezeigt oder alternative Lösungen angeboten. Diese Technik beruht auf der Annahme, dass sich der Gesprächspartner fertig skizzierte Vorschläge besser vorstellen kann und leichter akzeptiert. Der Impuls kommt hier klar vom Vorschlag-Geber. Er gibt mit seinem Vorschlag zumindest temporär die Richtung vor. Er schafft mit seinem Vorschlag und aufgezeigten Optionen einen Denk- und Handlungsrahmen.

Begründen

Begründen ist ein weiterer Push-Stil. Mit möglichst guten und robusten Argumenten soll der Gesprächspartner überzeugt werden. Mit jedem Argument wird die eigene Überzeugung verfestigt. Die eigenen Ideen und Vorschläge werden in diesem ICH-orientierten Ansatz als passende Lösungen für das Gegenüber verkauft.

Hierbei empfiehlt es sich nur ein Argument pro Satz anzubieten. Anderenfalls überfrachtet man seine Begründung und die vielen Argumente verpuffen unnötig.

Konfrontieren

Unter Konfrontieren wird hier die direkte und offene Form der Kommunikation verstanden, um glasklar eigene Erwartungen zu formulieren, Grenzen zu definieren sowie Bewertungen abzugeben.

Unter Konfrontieren verstehe ich das Fordern, das Drohen sowie das Bewerten.

Fordern

Etwas unmissverständlich und klar zu benennen – zu fordern – kann positiven Effekt haben. Beim Fordern werden auch keine Begründungen genannt. Ein Forderungssatz kann für sich alleine stehen. Das Fordern kann dabei über das bloße Stellen von Anforderungen und Erwartungen hinausgehen. Es kann auch darauf abzielen, das Engagement und die Motivation des Gegenübers zu steigern.

Beispiel: „Ich möchte, dass Du bei diesem Projekt die Führungsrolle einnimmst.“

Drohen

Drohen … heikel, aber wenn geschickt eingesetzt möglich! Drohszenarien zeigen Konsequenzen auf, falls der Gesprächspartner nicht den gewünschten Weg geht. Hier geht es darum, das Bewusstsein für die Ernsthaftigkeit der Situation zu schärfen, nochmal deutlich auf eine Verhaltensänderung oder Entscheidung hinzuwirken, ohne die persönliche Integrität oder die Beziehung zu beschädigen.

Drohungen bergen ein hohes Risiko, Beziehungen zu beschädigen oder auch Widerstände aufzubauen. Daher sind sie mit Bedacht einzusetzen!

Bewerten

Bewertungen sind subjektive Aussagen über z.B. die Qualität oder das Verhalten. Denken Sie an Komplimente oder auch an Feedback! Feedback in angenehmer Atmosphäre kann das gegenseitige Verständnis stärken, kann helfen Vertrauen aufzubauen und letztlich dazu beitragen Ergebnisse zu verbessern.

Der Prozess des Bewertens sollte transparent, objektiv und gerecht sein und das Ziel haben, eine Grundlage für persönliches Wachstum und Entwicklung zu schaffen.

Pull-Stile

Pull-Stile

Bei den Pull-Stilen steht der Gesprächspartner im Fokus. Was ist für ihn wichtig? Mit diesem Ansatz soll herausgefunden werden, welche Bedürfnisse, Wünsche und Ziele der Andere hat und was ihm derzeit eventuell zur Zielerreichung im Wege steht. Pull-Stile sind eher SOZIAL-orientiert.

Im Folgenden werden Pull-Stile vorgestellt. Diese könnte man in die Gruppen Überbrücken und Anlocken gliedern.

Überbrücken

Neugierig sein für die Welt des Anderen ist die Grundvoraussetzung. Von dieser Neugier getrieben, hören Sie zu, stellen Fragen, teilen aber auch eigene Gedanken.

Zuhören

Mit den Grundhaltungen „Ich will meinen Gesprächspartner verstehen“ ist man ganz Ohr. Man ist ganz beim Anderen und signalisiert also auch nonverbal „man ist ganz beim Gesprächspartner“. Um zu prüfen, ob man Gehörtes und Wahrgenommenes auch richtig verstanden hat, wird Gesagtes regelmäßig zusammengefasst (paraphrasiert).

Zunächst kann die Klärung des sachlichen Inhalts im Vordergrund stehen. Aber auch die Verbalisierung wahrgenommener Gefühle kann passieren. Beim aktiven Zuhören können Sie dem Gesprächspartner also praktisch aus dem Herzen sprechen.

Unterstützende / Vertiefende Fragen stellen

Wer fragt, der führt! Und gibt dem Gesprächspartner die Gelegenheit der Reflexion sowie auch die Möglichkeit und Mut des Teilens weiterführender Gedanken.

Beispielfragen:

  • Wie fühlst du dich mit dieser Situation?
  • Was wäre für dich in diesem Moment am hilfreichsten?
  • Gibt es Optionen, die wir noch nicht betrachtet haben?

Zirkuläre Fragen betrachten die Situation aus der Sicht einer anderen Person. Skalierungsfragen geben eine qualitative Einordnung, wo man derzeit steht oder wie weit es noch zum Ziel ist. Ressourcenorientierte Fragen nehmen die eigenen Stärken und Fähigkeiten in den Fokus.

Durch solch unterstützenden oder vertiefenden Fragen können alternative Lösungswege sichtbar werden. Auf jeden Fall wird durch das aufrichtige Interesse die emotionale Verbindung intensiviert.

Offenbaren

Zur weiteren Intensivierung der emotionalen Verbindung ist das Teilen eigener Wahrnehmungen, Ansichten und Gefühle hilfreich. Ein Offenbaren erfordert manchmal Mut und Authentizität. Aber gerade das schafft eine Ebene des gegenseitigen Vertrauens.

Anlocken

Wie könnte man nun die gewünschte Veränderung, das Ziel, die Dienstleistung oder das Produkt entsprechend schmackhaft machen? Unter „Anlocken“ fasse ich hier die beiden Aspekte Visionieren und Gemeinsamkeiten finden.

Beim Visionieren werden Hindernisse imaginär zur Seite geschoben und klar auf ein positives Zielbild fokussiert. Beim Finden von Gemeinsamkeiten stärken wir die zwischenmenschliche Beziehung und befriedigen beiläufig das menschliche Grundbedürfnis der sozialen Bindung.

Visionieren

Stellen Sie sich vor, dass all die Probleme und Hindernisse, die Sie davon abhalten Ihr Ziel zu erreichen von Jetzt auf Gleich einfach weg wären! Wie sieht der Zielzustand, das Zielbild dann aus?

Malen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Gesprächspartner aus, wie schön es in der Zukunft sein könnte.

Im systemischen Coaching wird zum Visionieren sehr gerne die sogenannte Wunderfrage eingesetzt. Über Nacht verschwinden alle Probleme und Restriktionen oder eine gute Fee wischt diese weg. Letztlich soll das gewünschte Zielbild möglichst klar und lebendig visioniert werden können. Die dadurch entstehenden positiven Emotionen verstärken das Wohlbefinden zusätzlich und geben Kraft für eine effektive Veränderung gen Ziel.

Gemeinsamkeiten finden

Des Weiteren hilfreich ist das Teilen von positiven Erlebnissen mit dem Ziel Gemeinsamkeiten zu finden. Das können z.B. gleiche Ziele, Qualitätsmerkmale, Hobbies und vieles mehr sein.

Gemeinsamkeiten zu finden ist ein wesentlicher Aspekt der Pull-Strategie, der die Basis für eine tiefere, bedeutungsvollere Verbindung zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner schafft.

Das Bindungsmotiv ist nach McClellands Theorie der menschlichen Motivation einer der drei großen Motivatoren und bezieht sich auf den Wunsch nach sozialen Bindungen, Zusammenarbeit und harmonischen zwischenmenschlichen Beziehungen.

Neutrale Stile

Informieren und Ausweichen sind neutrale Kommunikationsstrategien.

Desweiteren wäre hier eventuell noch ein dritter neutraler Stil zu nennen: Die des Schweigens! Ganz nach dem Motto „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Auf diesen Stil gehe ich diesem Abschnitt allerdings nicht gesondert ein, sondern halte einfach mal die Klappe 😊.

Informieren

Hier sind reine Informationen gemeint, die nicht anders interpretiert werden können: Zahlen, Daten, Fakten. Diese Informationen sind ohne Intention. Im Verkaufsgespräch könnten das z.B. Informationen zur Mitarbeiterzahl, zum Umsatz oder zum Gründungsjahr des Unternehmens sein.

Achtung: Sobald Sie mit der Information etwas beim Gesprächspartner erreichen wollen, sind die Informationen nicht mehr neutral. Anstatt des intentionslosen Informierens sind Sie dann am Begründen, Fordern oder Beurteilen (wären also dann beim Push-Stil)!

Ausweichen

Diese Technik kann besonders nützlich sein, wenn direkte Antworten nicht sofort verfügbar sind oder wenn das Risiko besteht, dass eine sofortige Reaktion die Situation verschlimmern könnte. Hier gilt die Empfehlung in kritischen Situationen während des Gesprächs einfach Zeit zu gewinnen und der Situation temporär aus dem Weg zu gehen. Dabei bedeutet Ausweichen nicht, Probleme dauerhaft zu ignorieren oder wichtige Themen unadressiert zu lassen. Stattdessen bietet es die Möglichkeit, einen Schritt zurückzutreten, die Lage neu zu bewerten und mit größerer Klarheit oder zusätzlichen Informationen zurückzukehren.

Konkret könnte das eine achtsame kurze Ruhepause oder der Kaffee für sich und den Gesprächspartner sein. Eventuell könnte man an dieser Stelle auch einfach mal das Thema wechseln:

„Eine Lösung scheint hier momentan schwierig. Lassen Sie uns das nächste Thema schon mal angehen.“

Die optimale Kombination Push-Pull-Neutral

Pull zu Push im Verhältnis 2:1

Die Pull- und Push-Stile müssen gezielt miteinander kombiniert werden, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Es ist einleuchtend, dass die ausschließliche Anwendung von Push-Stilen zu fordernd wäre. Ebenso wäre die ausschließliche Anwendung von Pull-Stilen wohl zu zurückhaltend.

Ein gutes Kombinationsverhältnis von Pull- zu Push-Stilen ist 2:1.

Optimale Kombination Pull zu Push

Allgemeine Umsetzungshinweise

Dabei ist darauf zu achten, die Stile möglichst nicht miteinander zu mischen. Um die Stile voneinander zu trennen, sind daher Pausen oder neutrale Stile denkbar. Die versehentliche Kombination oder Vermischung von Stilen führt eher zur Abschwächung der eigenen Position bzw. zu vermindertem Erfolg.

Lösungsbeispiele

Der bewusste Einsatz der vorgestellten Push-Pull-Strategie ist in vielen Bereichen sinnvoll. Letztlich immer dort, wo die Kommunikation und zwischenmenschliche Interaktion effektiver gestaltet werden soll: Im Sales Kontext, im Coaching, im Mitarbeitergespräch, bei Konfliktgesprächen, im Marketing oder bei Verhandlungen.

Im Folgenden sind drei Beispiele aus den Bereichen Sales, Coaching und Mitarbeitergespräch skizziert, welche die Push-Pull-Strategie beschreiben.

Push-Pull-Strategie im Sales Kontext

PUSH (Fordern): “Ich brauche von Ihnen noch heute die Auftragsbestätigung.“
NEUTRAL: Mit einer Pause bieten Sie dem Gegenüber die Möglichkeit zu reagieren und begeben sich gedanklich zur Seite PULL.
PULL (Offenbaren): “Wissen Sie, das Ganze liegt mir ganz schön im Magen.”
PULL (Gemeinsamkeiten finden): “Wir sind doch beide daran interessiert schnellstmöglich eine Lösung zu erarbeiten.”

Push-Pull-Strategie im Coaching

PUSH (Vorschlagen): “Wie wäre es, wenn Sie als Nächstes konkret daran arbeiten, Ihre Zeit besser zu managen? Das könnte ein effektiver Weg sein, um Ihre Produktivität zu steigern!”
NEUTRAL: Innehalten, um die Reaktion des Coachees abzuwarten.
PULL (Zuhören): “Beschreiben Sie mir bitte, wie Sie Ihre Aufgaben derzeit priorisieren. Ich möchte verstehen, was Ihnen dabei die größten Schwierigkeiten bereitet.”
PULL (Visionieren): “Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Weg gefunden, Ihre Zeit so zu managen, dass am Ende des Tages noch Zeit für Sie selbst bleibt. Wie würde das für Sie aussehen und sich anfühlen?”

Push-Pull-Strategie im Mitarbeitergespräch

PULL (Zuhören):
Führungskraft: “Ich habe bemerkt, dass Sie in den letzten Wochen einige Schwierigkeiten hatten, Ihre Projekte fristgerecht abzuschließen. Können Sie mir bitte mehr erzählen, welche Hürden Ihnen begegnet sind?“
Mitarbeiter: “Ja, ich hatte tatsächlich Schwierigkeiten, insbesondere wegen der unklaren Prioritäten und der ständigen Unterbrechungen durch ad-hoc-Aufgaben. Ich empfand es schwer, mich auf die wichtigen Punkte zu konzentrieren.”

PULL (Unterstützende / Vertiefende Fragen stellen):
Führungskraft: “Verstanden. Wie denken Sie, könnten wir Ihre Arbeitsumgebung oder Prozesse anpassen, um Ihnen zu helfen, diese Unterbrechungen zu minimieren und klarere Prioritäten zu setzen?”
Mitarbeiter: “Ich denke, regelmäßige Updates zu den Prioritäten und eventuell eine bessere Abschirmung von ad-hoc-Anfragen könnten helfen.”

PUSH (Fordern):
Führungskraft: “Das klingt nach einem Plan! Ich werde darauf achten, die Kommunikation bezüglich der Prioritäten zu verbessern. Andererseits bitte ich Sie aktiv auf mich zuzukommen, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie durch ad-hoc-Aufgaben überlastet werden. Für das nächste Quartal fordere ich Sie deshalb auf, an Ihrem Zeitmanagement zu arbeiten und Prioritäten so zu setzen, dass Sie Ihr Hauptprojekt termingerecht abschließen können.“

Zusammenfassung

Die Push-Pull-Strategie ist ein achtsamer Umgang von Kommunikationsansätzen mit dem Ziel einer besseren Kommunikation und Verständnis füreinander.

Auf die Mischung (Pull-Push im Verhältnis 2:1) kommt es genauso an, wie auf einen grundsätzlich wertschätzenden Umgang und dem aufrichtigen Interesse an der anderen Person. Die Mischung beschreibt das Verhältnis zwischen ICH- und SOZIAL-Orientierung. Es geht also um eine bewusste Gesprächssteuerung, um sowohl die Bedürfnisse des Einzelnen als auch gemeinsame Ziele zu verfolgen.

Die Push-Pull-Strategie ist in verschiedensten Kontexten, u.a. in der Führung, beim Verkauf oder im Coaching anwendbar.

Abschluss mit Video