Authentische Kommunikation nach Satir

Authentische Kommunikation nach Satir

Authentische Kommunikation nach Satir

Menschen fallen, wenn sie unter Stress geraten, oftmals in bestimmte Kommunikationsmuster.

„Manchmal muss man aus der Rolle fallen, um aus der Falle zu rollen.“ Virginia Satir

Von Virginia Satir (Familientherapeutin, 1916 – 1988) stammt obige Aussage. Satir hat diese Muster identifiziert, weil Menschen unter Stress anders kommunizieren als normalerweise. Sie beschreibt dabei vier klassische Kommunikationsmuster, in welche Menschen dann fallen.

Dabei gilt: Diese Muster sind keine Typologien, sondern zeigen, wie wir unter bestimmten Stressbedingungen und bei Bedrohung unseres Selbstwertes kommunizieren.

Zu wissen, welches Muster man bedient, hilft, es zu erkennen und zu verändern, um bessere Beziehungen zu führen.

Kommunikationsmuster zum Schutz des Selbstwerts

Erlernte Bewältigungsstrategien

Wir kommunizieren Informationen, Absichten, Bedürfnisse, Meinungen – alles, was wir über uns preisgeben wollen, geschieht über Kommunikation. Dabei zählt nicht nur das Wort! Kommuniziert wird außerdem (und viel mehr) über Gesichtsausdruck, Gestikulation, Körperhaltung, Muskelspannung, Atemgeschwindigkeit und den Klang der Stimme.

Wenn Menschen unter Stress stehen und zusätzlich der Selbstwert in Gefahr ist, kommen dabei wiederholt gewisse Kommunikationsmuster zu Tage, welche man auch als Bewältigungsstrategien bezeichnen könnte.

Man sucht Antworten auf Fragen des inneren Dialogs, die wie folgt lauten könnten:

Ich schaffe das einfach nicht!

Nie kann ich etwas richtig machen.

Mich mag niemand.

etc.

Denkender Kopf

Wird der Selbstwert erschüttert, halten wir uns für klein, unfähig, ängstlich.

In diesen Momenten gilt es auf bewährte Bewältigungsstrategien zurückzugreifen. Auf Bewältigungsstrategien, welche wir schon als Kinder – auch durch Nachahmung Erwachsener – gelernt haben. Wir haben gelernt, was funktioniert und sich gut anfühlt. Das wird beibehalten. Was nicht funktioniert hat, wurde verworfen.

Fokus auf sich Selbst, Andere, den Kontext oder Keines von alledem

Mit Blick auf die Parameter Selbst, Andere und Kontext gibt es nun die folgenden von Satir beschriebenen Kommunikationsmuster in Spannungssituationen und bei Gefahr der Selbstwert-Verletzung:

  • Fokus auf den Anderen: Ich beschwichtige, ducke mich, gebe nach, mache mich klein, damit der Andere sich nicht ärgert und die Situation wieder besser wird.
  • Fokus auch mich Selbst: Durch Anklagen schafft man es, dass der Andere sieht, dass man stark ist. Der Selbstwert wird gestählt.
  • Fokus auf den Kontext: Mal sich und den anderen und die damit verbundenen Emotionen außen vor; damit wird das Thema auf das Sachliche rationalisiert. Der Selbstwert wird durch den Gebrauch großer Worte und gewichtiger Zusammenhänge gefestigt.
  • Durch Ablenken wird weder auf den Kontext, noch auf den Anderen oder sich Selbst eingegangen, sondern die Spannungssituation wird ignoriert, in der Hoffnung dass diese sich praktisch in der Luft auflöst.

Authentischer kommunizieren durch Kongruenz

Bei Einnahme eines dieser Kommunikationsmuster kommunizieren wir dabei inkongruent: Die ausgesprochenen Worte decken sich nicht mit dem, was wir sonst kommunizieren. Das Wissen über die vier Satir Kategorien (Kommunikationsmuster) hilft letztlich authentischer zu kommunizieren.

Die vier Kommunikationstypen nach Satir

Satir-Kategorien - Der Beschwichtiger
Satir-Kategorien - Der Angreifer
Satir-Kategorien - Der Rationalisierer
Satir-Kategorien - Der Ablenker

Nun wurden die vier Kommunikationsmuster im vorherigen Kapitel bereits kurz angerissen. In diesem Kapitel stelle ich die vier Prototypen inkongruenter Kommunikation detaillierter vor.

Diese Charaktere sind überspitzt dargestellt, um ihre Merkmale klarer zu machen.

Dabei ist es unwahrscheinlich, dass jemand genau in diese Kategorien passt, aber viele von uns haben Anteile dieser Typen. Oder anders gesagt: Es ist wahrscheinlich, dass Sie einem Kommunikationsmuster in Spannungssituation überwiegend folgen, aber hier und da auch einem alternativen Kommunikationsmuster folgen. In der Realität zeigen Menschen also meist nicht eine reine Form eines dieser Muster, sondern eine Mischung aus verschiedenen Kommunikationsstilen. Die prototypischen Kategorien sind also eher als Orientierungshilfe zu verstehen. Sie sollen keine starren Typologien darstellen, sondern flexible Modelle, die helfen, die Dynamiken der menschlichen Kommunikation verstehen zu können.

Es ist wichtig, sich dieser Muster bewusst zu werden und daran zu arbeiten, damit unsere Kommunikation klarer, eindeutiger, offener und ehrlicher wird. Nur so können wir erfüllende Beziehungen führen.

Der Beschwichtiger

„ANDERE haben Recht.“

Satir-Kategorien - Der Beschwichtiger

Hauptsache für Dich passt es!

Dir geht es offensichtlich wegen mir nicht gut. Das tut mir leid.

Diese Personen übernehmen Verantwortung für alles und jeden. Sie beziehen alles auf sich selbst. Sie sagen zu allem Ja und Amen, auch wenn sie anderer Meinung sind. Sie wollen Konflikte vermeiden und sorgen sich um die Bedürfnisse des Gegenübers, ohne ihre eigenen Bedürfnisse zu beachten. Dies führt dazu, dass ihre eigenen Bedürfnisse oft vernachlässigt werden.

In der Rolle des Beschwichtigers treffen diese Personen keine eigenen Entscheidungen. Sie machen sich Anderen gefällig, letztlich mit dem Versuch ihren eigenen Wert zu steigern.

Der Ankläger

„ICH habe Recht.“

Satir-Kategorien - Der Angreifer

Du bist hier falsch!

Wegen Dir läuft hier nichts!

Was hast Du schon erreicht?

Diese Personen sorgen mit ihren Reaktionen für Aufruhr, versuchen ständig ihre Sichtweisen zu beweisen und hören dabei nicht auf andere, sondern unterbrechen sie. Sie suchen bei anderen nach Fehlern und stellen ihre Gewichtigkeit heraus, anstatt lösungsorientiert zu agieren.

Die Personen finden immer einen Schuldigen, nur selten bei sich selbst. Sie kommunizieren laut und direkt, um ihre Bedürfnisse durchzusetzen, was oft dazu führt, dass das Umfeld sich zurückzieht. Dieses Zurückziehen bei anderen kann zu einem Teufelskreis führen, in dem die Ankläger immer mehr Druck ausüben und das Umfeld sich immer mehr zurückzieht. Aber wenn der Ankläger jemanden findet, der ihm gehorcht, dann hat er ein gesteigertes Selbstwertgefühl.

Der Rationalisierer

Bloß keine Emotionen!

Satir-Kategorien - Der Rationalisierer

Lass uns doch sachlich über das Problem reden!

Aus rationaler Sicht betrachtet würde ich Option A wählen.

Der Rationalisierer möchte sachlich über Probleme reden. Emotionen spielen für ihn offensichtlich keine Rolle und wären für ihn nur störend. Er versucht sich durch sachliche Argumente sowie Zahlen / Daten / Fakten von emotionalen Verstrickungen fernzuhalten.

In dieser Rolle kommunizieren sie sehr korrekt und objektiv, um Nähe zu vermeiden, die sie als verletzlich empfinden. Sie wirken dabei kalt und distanziert, was es dem Umfeld schwer macht, eine warme Beziehung zu ihnen aufzubauen.

Der Ablenker

Ablenkung vom eigentlichen Thema oder Problem

Satir-Kategorien - Der Ablenker

Da fällt mir nichts ein, oder – halt doch – gestern begegnete mir ein Schauspieler, der …

Egal, nicht so wichtig.

In der Rolle des Ablenkers versucht die Person das Thema zu wechseln, Gegenfragen zu stellen oder durch Floskeln vom eigentlichen Problem abzulenken.

Diese Menschen vermeiden es, ihr wahres Selbst zu zeigen, indem sie das Thema wechseln oder Fragen ausweichen. Sie haben Angst, abgelehnt zu werden, wenn andere ihr wahres Ich sehen. Dadurch verhindern sie, dass echte Beziehungen aufgebaut werden können.

Die fünfte Haltung: Kongruenz

Die fünfte Haltung - Kongruenz

Satir beschreibt mit Kongruenz einen Zustand der Ganzheit und Authentizität in der Kommunikation.

Im Mittelpunkt steht dabei das Bedürfnis nach Selbstwert. Was heißt das? Satir versteht unter Kongruenz die Fähigkeit einer Person, das eigene Selbst und die inneren Anteile wertzuschätzen und in freundlicher und liebevoller Beziehung mit sich zu bleiben. Diese Fähigkeit eines Menschen wird dann auch in der Kommunikation mit Anderen spürbar.

Kongruenz ist keine Bewältigungsstrategie, sondern eine Art, voll und ganz Mensch zu sein. Sie zeichnet sich durch Selbstachtung, Vertrauen und Offenheit aus.

Bei dieser Reaktionsmöglichkeit in Spannungssituationen zielen alle Teile der Botschaft in die gleiche Richtung: Stimme, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Ton der Stimme passen zusammen. Es wird keine Bedrohung für das Selbstwertgefühl gesehen.

Kongruente Menschen würdigen ihre Einzigartigkeit, nutzen ihre Ressourcen effektiv und sind bereit, Risiken einzugehen und sich verletzlich zu machen. Diese Haltung ermöglicht es, intime und erfüllende Beziehungen zu führen. Im Gegensatz zu den vier inkongruenten Kommunikationsmustern, die durch Stress und Unsicherheit geprägt sind, basiert kongruente Kommunikation auf Klarheit und Wertschätzung, sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber.

Zusammenfassung

Die vier Satir-Kategorien sind Kommunikationsmuster, welche wir uns primär bedienen, wenn wir unter Stress sind und wir unseren Selbstwert in Gefahr sehen. Das Wissen über diese Kategorien hilft, im Falle eines Stresses und im Affekt nicht in eines dieser Rollen zu fallen, sondern den Status der Kongruenz einzunehmen. Kongruenz ist dabei als Zustand der Ganzheit und Authentizität zu verstehen. Es bedeutet, in Einklang mit sich selbst und anderen zu kommunizieren, geprägt von Selbstachtung, Vertrauen, Offenheit und Flexibilität.

Abschluss mit Video